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Update: 15-JUN-1999
Tageszeitungen

Nichts ist so alt wie die Zeitung von heute / Online-Inhalte / Konkurrenz zur Printausgabe?


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Nichts ist so alt wie die Zeitung von heute. Das Sprichwort "Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern" muss wohl umgeschrieben werden. Mit der Publikation von Online-Ausgaben sparen sich Tageszeitungen den Umweg über Druck und Vertrieb, setzen damit aber das Aktualitätsprimat des Printmediums selbst außer Kraft.

Zweitverwertung
wird
Erstausgabe
Eigentlich handelt es sich ja nur um einer Zweitverwertung. Doch unversehens wird aus der Online-Version die Erstausgabe: Wenn die Technik mitspielt und das Redaktionssystem eine Schnittstelle zum Web-Publikationsserver bietet, dann können die Inhalte sogar ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung direkt nach Redaktionsschluß ins Web gestellt werden. Eigentlich sogar noch früher. Doch Aktualisierungen tagsüber bietet keine deutschsprachige Online-Zeitung. Ein solcher Aufwand wird aber beispielsweise in den USA und nicht nur dort betrieben.

Der vernetzte Leser hat also bereits in der Nacht auf dem Bildschirm gelesen, was am nächsten Morgen im gedruckten Blatt steht - nichts ist so alt wie die Zeitung von heute. Zumindest in der Theorie. In der Praxis haben die einzelnen Verlage nämlich recht unterschiedliche Vorstellungen davon, was und wieviel sie ins Netz stellen wollen.

Online-Inhalte. Die meisten überregionalen Tageszeitungen verfolgen inzwischen das Konzept, ausgewählten Lesestoff aus ihrer neuesten Ausgabe ins Netz zu stellen. Wer etwas auf sich hält, bietet den kostenfreien Service eines mehr oder weniger limitierten Archivs an.

Texte,
Archiv,
Service
Je nachdem, wie viel Engagement und Finanzmittel für den Internet-Auftritt zur Verfügung stehen, kommen zusätzliche Rubriken hinzu. Das sind neben dem obligatorischen Newsticker zumeist Angebote, die im weiten Sinne "serviceorientiert" sind und der Marketingabteilung gefallen, weil sie begehrte Zielgruppen ansprechen: Finanztipps, Reise, Kultur und Jobbörsen zum Beispiel.
 
Geht das inhaltliche Engagement noch weiter, dann werden auch schon einmal aktuelle Nachrichten-Brennpunkte als Themen-Specials aufgearbeitet. Doch wie gesagt: Der Umfang schwankt von Zeitung zu Zeitung. An die Breite der Internet-Auftritte amerikanischer Blätter - mit der Washington Post und der New York Times an der Spitze - reicht hierzulande niemand heran.

Konkurrenz zur Printausgabe? Bleibt die Frage, ob die Verlage sich und ihrem Stammgeschäft mit den Onlineausgaben nicht das eigene Geschäft schädigen. Nein, lautet die klare Antwort aus der Berliner Tageszeitung, dem Internet-Pionier der deutschen Zeitungsbranche.

Am liebsten hält der Leser das Blatt in der Hand
Im Verlagshaus in der Kreuzberger Kochstraße sieht man die Online-Ausgabe als Ergänzung, nicht als Konkurrenz zum gedruckten Blatt: Der Leser halte immer noch am liebsten das echte Blatt in der Hand, während die Online-Version zur schnellen Voraborientierung genutzt werde. Schließlich kostet auch die kostenlose Online-Zeitung Geld: Telefon- und Providergebühren nämlich. Mit anderen Worten: So schnell wird die Kulturtechnik des Zeitunglesens schon nicht aussterben.
 
Im Gegensatz zu anderen Überregionalen zeigt die taz denn auch keine Skrupel, wirklich den gesamten Text ihrer Ausgabe ins Netz zu stellen. Eine Grenze ziehen man freilich da, wo Tantiemen für die elektronische Verwertung der Zeitungsinhalte auf dem Spiel stehen.
 
So wurde dem Archiv auf der hauseigenen Website eine weitgehende "Amnesie" verordnet. Wer taz-Artikel bis zurück zum Oktober 1986 recherchieren will, muß sich die alljährlich fortgeschriebene Archiv-CD-ROM kaufen - die freilich bei einem Preis von DM 350,- als "Schnäppchen" gelten darf und zum taz-Jubiläum beinahe verschenkt wurde. Außerdem ist die taz in kommerziellen Datenbanken gegen Gebühr recherchierbar, was ihr - je nach Abrufzahl - pro Monat ein paar tausend Mark in die notorisch leere Kasse bringt.