Seit dem Start 1995 steht AltaVista bei Profis besonders hoch im Kurs. Der Volltext-Index galt lange als Nonplusultra der Suchmaschinen. Doch mit der Zeit hat die Konkurrenz aufgeholt - manche sagen sogar: überholt. Dank ihrer mächtigen Suchsyntax hat Digitals Suchmaschine immer noch einen herausragenden Ruf, wozu auch innovative Features wie ein Übersetzungsdienst oder der Photo Finder beitrugen. Umso größer der Entrüstungssturm, als die Betreiber vorübergehend versuchten, die Spitzenpositionen in der Trefferliste meistbietend zu verhökern ...
Aus der Sicht von Analysten verpasste AltaVista - zusammen mit Digital von Compaq aufgekauft - den Portal-Trend. Unter dem dritten Besitzer, der Beteiligungsgesellschaft CMGI, fand schließlich eine akzeptable Neuausrichtung statt. Mit dem Relaunch am 25. Oktober 1999 entstand ein Portal, das den Kerninhalt von AltaVista, die Suchmaschine, dennoch nicht verleugnete.
Der Web-Index wurde nach Betreiber-Angaben auf 250 Millionen Dokumente ausgebaut. Hinzu kamen 25 Millionen Multimedia-Files. Für seine Links gab AltaVista eine "Frischegarantie": alle 28 Tage kommt angeblich der AltaVista-Crawler vorbei, um den Index auf den neuesten Stand zu bringen - bei hoher Update-Frequenz einer Website auch häufiger. Bei unseren Ende 1999 durchgeführten Stichproben anhand der von AltaVista angebotenen Datumssuche war davon allerdings noch nichts zu bemerken.
Ein eigenständiges AltaVista Deutschland existiert erst seit dem 15. März 1999. Zuvor war die 1997 gestartete mehrsprachige Site "AltaVista Nordeuropa" eingestellt worden.
Laut Firmenangaben verdoppelte sich der Bestand deutschsprachiger Dokumente im Index von sechs Millionen im März auf zwölf Millionen Ende September. Anders als die deutschen Versionen von Lycos oder Infoseek betreibt AltaVista aber keine eigenständige Datenbank, so dass man bei der Suche nach deutschsprachigen Dokumenten von der US-Site dieselben Resultate erhält.
SUCHFOMULAR
Zur von der Homepage aus standardmäßig erreichbaren einfachen Suche und der Advanced Search/Profisuche ist im neuen Layout optisch gleichberechtigt die Multimedia-Suche hinzugekommen. Alle drei lassen sich in Form von Registern oberhalb der Suchbox gleichsam aufblättern. Das deutsche AltaVista trägt zudem der Rechtschreibreform Rechnung und lässt auf Wunsch auch Schreibungs-Varianten der Suchbegriffe zu.
Search/Einfache Suche Die Standard-Suche funktioniert nach dem Best-Match-Prinzip; neben Vorzeichen (+/-) und Phrasen wird eine Feldsuche, die Suche in Metadaten und die Auswahl unter 25 Sprachen unterstützt. Wenn der Anwender keine Stichwörter, sondern einen Fragesatz eingibt, dann bedient sich Altavista der Datenbank von Ask Jeeves, einem Dienst, der einfache Fragesätze wie "Is it raining in Seattle?" verarbeiten kann und im konkreten Beispiel als Suchergebnis Wetterdienste vorschlagen würde.
Advanced Search/Profisuche Diese Option erfordert die Verwendung logischer Operatoren. Aber Vorsicht: Ein automatisches Ranking der Suchergebnisse findet - anders als in der Standard-Suche - nicht statt. Dafür muss der Anwender schon selbst durch Eintragung eines oder mehrerer Begriffe im "Ranking"-Feld sorgen. Während viele Suchmaschinen heute erweiterte Suchformulare anbieten, die alle Parametereinstellungen über anwenderfreundliche Menüs erlauben, bleibt AltaVista bei seiner puristischen Variante für Hardcore-Coder. Der Vorteil: völlig flexible Verknüpfungsmöglichkeiten. Einzig Sprache und Datumseingrenzung der zu findenden Dokumente lassen sich separat eingeben. Alle anderen Parameter - etwa die Schlüsselbegriffe für die Feldsuche - müssen in den Suchstring eingebaut werden. Eine komplette AltaVista-Syntaxreferenz samt Suchformular finden Sie in der Netzpresse-Direktsuche.
Images, Audio&Video/Multimedia-Suche Hier wird mit Hilfe der Standardsyntax nach Multimediadateien gesucht, aber nicht nur im Web. Verträge mit den großen Bildverkäufern Corbis und Getty sorgen dafür, dass AltaVista auch Einträge aus deren Datenbanken findet.
Um die aktuelle Gesamtgröße des Indexes herauszufinden, geben Sie in die Suchbox +* ein.
AUSGABE
AltaVistas Trefferliste nennt die Zahl der gefundenen Dokumente und macht eine große Zahl an Informationen und Inhalte aus mehreren Datenbanken verfügbar. Referenziert werden - falls verfügbar - gleich am Beginn der Trefferliste Resultate aus der Datenbank von RealNames, einem Drittanbieter, der einschlägige Unternehmen und Organisationen gegen Bezahlung listet. Am Ende der Seite finden sich gegebenenfalls passende Kategorien aus AltaVistas lizenziertem Webkatalog (mehr dazu unten).
Das Gros der Treffer kommt aber nach wie vor aus dem eigenen Index, der zu den größten der Branche zählt. Nach dem Vorbild von Infoseek und anderer Konkurrenten werden inzwischen mehrere Treffer von ein- und derselben Website in einem einzigen Eintrag zusammengefasst (Clustering). Das schafft Übersicht. Um auch die übrigen Treffer dieser Website zu sehen, klickt man auf "More pages from this site". Ebenso hat jeder Eintrag einen "Translate"-Link zum Übersetzungdienst Babelfish und einen weiteren Verweis ("Company Factsheet"), der zu Wirtschaftsdaten über den Domain-Inhaber führt, falls denn solche Informationen verfügbar sind.
Konzepte zur nachträglichen Verfeinerung der Suche hat AltaVista schon lange erprobt. Zeitweise wurde der Anwender von überbordenden Listen verwandter Begriffe erschlagen und durfte mit einer schwerfälligen Java-Konsole jonglieren. Inzwischen schlägt die Altavista-Software ganz funktional unterhalb der Suchbox nur noch eine Hand voll "related searches" vor und liegt damit nicht selten richtig.
Jeder Treffer wird mit URL, Datum, Dateigröße, Sprache, Seitentitel und Beschreibungstext (aus dem META-Tag "Description" stammend) referenziert. Bei der Suche nach visuellen Medien zeigt AltaVista kleine Vorschau-Bildchen (Thumbnails).
AltaVista gibt für jede Suche die Zahl der gefundenen Dokumente an.
ÜBERSETZUNGSDIENST
AltaVista war die erste Suchmaschine mit dem Angebot, eine indexierte Webseite on the fly zu übersetzen. Das Original-Layout wird dabei beibehalten.
Man kann den Übersetzungsdienst Babelfish direkt aus der Trefferliste heraus mit einem Link füttern, man kann aber auch auf der Babelfish-Seite von Hand einen Text einfügen oder eine URL eintragen.
Babelfish übersetzt aus fünf Sprachen (einschließlich Deutsch) ins Englische und umgekehrt. Als weiteres Sprachpaar wurde für den europäischen Markt Deutsch-Französisch hinzugefügt.
Wunder darf man nicht erwarten, schließlich ist der Dienst kostenlos. Die Textlänge ist limitiert; bei anspruchsvolleren Texten produzieren Babelfishs Übertragungen manchmal unfreiwillige Komik.
KATALOG
AltaVista verfügt über keinen eigenen Webkatalog, sondern kombiniert das US-Verzeichnis aus Einträgen von Netscapes Open Directory Project und dem langjährigen Partner Look Smart. Während Letzterer ein von professionellen Redakteuren zusammengestellter Dienst ist, kann am Open Directory Project - wie schon der Name verrät - jeder Web-Surfer mitarbeiten. Auch deutschsprachige Rubriken sind dort integriert.
AltaVista Deutschland kooperiert hingegen mit dem Verzeichnisdienst Web.de.
NEWSGROUPS-SUCHE
Über die Option "Discussion Groups" findet AltaVista aus dem Standard-Suchformular heraus auch Newsgroups. In diesem Fall werden allerdings weder Vorzeichen noch Phrasen unterstützt. Hatte die Suche Erfolg, so werden zunächst die zu den eingegebenen Schlagwörtern passende Newsgroups angezeigt, aber noch keine Einzelbeiträge. Um direkt in den Beiträgen zu suchen, muss man aus einem Pulldown-Menü die Option "Messages" wählen. Für registrierte Benutzer sind auch eigene Newsgroups-Postings aus AltaVista heraus möglich.
Auf der deutschen Website fehlt diese Option. Ohnehin empfiehlt sich für die Newsgroups-Suche der Gang zum Spezialisten Deja.com.
PORTALFUNKTIONEN
AltaVista Live heißt die späte Antwort auf die arrivierte Portal-Konkurrenz. Damit wird auch AltaVista USA personalisierbar, bietet Community-Funktionen, Kalender und Wetter. Laut AltaVista-Chef Rod Schrock will der Dienst aber nicht mit den großen Allround-Portalen Yahoo, Lycos & Co. wetteifern, sondern sich auf bestimmte Gebiete spezialisieren, als da wären: Suche, Finanzen (mit der Börsen-Community Raging Bull als Provider), E-Commerce (mit dem Zukauf von Shopping.com. Mit dem Angebot kostenloser Internet-Zugänge in den USA fand AltaVista vom August 1999 bis zum Jahresende über eine Million Kunden - lauter potentielle Nutzer der Portal-Site.
Die deutsche Site baut ihre Zusatzinhalte unter dem Rubrum AltaVista Smart gerade erst mit Hilfe von Content-Pertnern zusammen. Geboten werden Themen wie Fortbildung, Stromtarife, Einkaufen, eine Hoteldatenbank und die Mailinglisten-Suche von Speedlink; dazu eine Bookmark-Community und kostenlose E-Mail.
NEWS
AltaVista USA hat seine Nachrichtensektion stark ausgebaut. Als Lieferanten treten die Agenturen AP und Reuters, die Zeitungen New York Times und Washington Post sowie die IT-Informationsdienste ZDNet und Industry Standard auf. Ausweislich der auf der Homepage genannten Update-Uhrzeiten werden die Tickermeldungen mit 20 bis 30 Minuten Verzögerung aktualisiert. Bei den Texten selbst fehlen allerdings jegliche Zeitangaben! Die Nachrichten lassen sich nach Ressort, Weltregion und Lieferant rubrizieren.
Eine News-Suche über einen Zeitraum von bis zu 14 Tagen ist ebenfalls möglich, jedoch merkwürdigerweise nicht in der Nachrichtensektion selbst. Dort gibt es zwar eine Suchbox, doch die sendet die Anfrage an den gesamten Web-Index. Erst über die Wahl des Registers "News" in der Trefferliste wählt man das News-Archiv als Datenbank aus.
Bei AltaVista Deutschland führen die Schlagzeilen-Links auf der Homepage direkt zu Spiegel Online und ZDNet.
DESIGN
Das gute, alte Berglogo ist AltaVistas modernisiertem Redesign zum Opfer gefallen, das Suchen und Finden als entscheidende Bedienungsmetapher hingegen nicht. So verteidigte die Suchbox ihre zentrale Position auf der Homepage - im Unterschied zur ihrer Verdrängung in anderen Portalen, die allerdings noch mehr zusätzliche Inhalte anbieten. Der Suchbereich kann mit einem Klick auf das Web, auf Newsgroups, auf Nachrichten-Sites, auf Bilder, Audio- und Videodateien oder auf Produkte konzentriert werden. Dies ist von allen Standard-Trefferlisten aus möglich.
All das resultiert in Klarheit und Übersichtlichkeit. Ein paar Brüche wie die unlogische Suchfunktionalität im News-Bereich des US-Dienstes müssen allerdings noch gekittet werden.
DOKUMENTATION
Schon auf der Homepage wird der Benutzer unaufdringlich mit einem stets wechselnden Bedienungstipp begrüßt. Der eigentliche Hilfebereich ist allerdings zu knapp gehalten und lässt Detailfragen offen. Erfahrene Anwender freuen sich immerhin über die in Frage-und-Antwort-Form gehaltene Webmaster-Referenz, die für all jene interessant ist, die genauer über den Indexierungsprozeß Bescheid wissen wollen. Seinen Ranking-Algorithmus gibt freilich auch AltaVista nicht preis - das macht keine der großen Suchmaschinen.