Rechtradikalismus Medien-Thema Nummer eins
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Das erneute Aufflammen rechtsextremer Gewalt ist das beherrschende Thema dieses Sommers in den deutschen Medien, ohne dass die Berichterstattung deshalb eine neue Qualität erreichen würde. Wie sollte sie auch? Zum x-ten Mal werden bekannte Erklärungsmuster abgeklopft und die üblichen Verdächtigen interviewt. Die Tendenz zur Zuspitzung, mit der sich jede Berichterstattung am Markt behaupten muss, erzeugt ein Entschlossenheits-Vakuum, das plötzlichen Handlungsbedarf suggeriert - als ob das Problem eben erst aufgetaucht wäre. Geradezu programmatisch erschien Der Spiegel mit der autoritären Forderung, der Staat müsse sich sein Gewaltmonopol zurückholen, das ihm über die 68er-Generation abhanden gekommen sei. Unterdessen brachte die Berliner Morgenpost ihre Ausgabe am 9. August komplett unter dem Motto Wir gegen rechte Gewalt heraus. Der Ruf nach einer harten Hand und der Appell an das Gute im Menschen - zwei altbekannte Motive, die auch die Politik wieder einmal dankbar aufgegriffen hat. Während Bayerns CSU-Innenminister Beckstein als Erster nach einem NPD-Verbot rief, knüpfte Regierungssprecher Heye mit der Kampagne Gesicht zeigen erfolgreich an die Lichterketten-Gefühligkeit an. Wer wollte diesen Chor der Rechtschaffenheit mit Misstönen stören? Immerhin hat Friedrich Küppersbusch in einem bissigen Kommentar in der taz anzumerken gewagt, dass die rechtsextremen Hintergründe des Düsseldorfer Anschlages noch gar nicht abschließend geklärt seien, und er hat auch daran erinnert, dass es der Spiegel war, der einst mit dem Titel "Das Boot ist voll" Handlungsbedarf ganz anderer Art reklamierte. Hauptsache, die Luft brennt. Wie meinte dieser Tage fast schon erleichtert ein Kollege in einer Journalisten-Diskussionsliste? Nach den Kampfhunden komme mit dem Rechtsextremismus nun wieder ein wirklich ernstes Thema auf die Tagesordnung. Man möchte hinzufügen: für das Sommerloch viel zu ernst. 12-AUG-2000




























FAZ: Boykottiert die neue Recht-
schreibung!

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Die Frankfurter Allgemeine Zeitung wird die Rechtschreibreform nach einem Jahr rückgängig machen und ab 1. August wieder zur alten Schreibweise greifen. "Die Redaktion verkennt nicht die Schwierigkeiten, die mit der Wiederaufnahme der alten Schreibweise verbunden sein werden. Sie bittet ihre Leser um Verständnis für Ungereimtheiten, die in der Umstellungsphase unvermeidlich sein werden, und hofft im Interesse einer Heilung des von den Kultusministern herbeigeführten Bruchs auf zahlreiche Nachahmer", heisst es in einer Presseerklärung vom 26. Juli, die einem Boykottaufruf gleichkommt. Die neue Rechtschreibung war von den Agenturen am 1. August 1999 eingeführt und von den meisten Medien nachvollzogen worden, wenn auch mit hauseigenen Varianten. Die wichtigsten Argumente für die Reform seien nun entfallen, schreibt die FAZ: Weder habe sich eine verbesserte Sprachbeherrschung eingestellt, noch die Einheitlichkeit der deutschen Sprache bewahren lassen. Man mag über die Halbherzigkeit der Reform (das elende Gezerre bei der Zusammen- und Getrenntschreibung! die Hässlichkeit der Eindeutschung von Fremdwörtern!) noch so sehr schimpfen - aber in Frankfurt wird doch niemand ernsthaft glauben wollen, dass dieser elitistische Alleingang der beschworenen Einheitlichkeit nur irgendwie dienlich sein könnte. Vielmehr muss man den FAZ-Revoluzzern unterstellen, ein allzu kurz reichendes Gedächtnis zu haben. Die Kultusminister der Länder haben nämlich bereits am 1. Dezember 1995 in Mainz das Reformvorhaben beschlossen. Danach vergingen also 43 Monate bis zur Umsetzung - mehr als drei Jahre Zeit, in denen die Medien einschließlich der FAZ-Redaktion wenig mehr getan haben als eine saure Miene aufzusetzen. 26-JUL-2000
26-JUL-2000 Die FAZ ruft zur Konterrevolution auf (Spiegel online)
30-SEP-1999 Neue Rechtschreibung - Hilfe! (Netzpresse)
01-DEZ-1995 Beschluß zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung (Presseerklärung)




























Anschluss finden: Mit dem Notebook
um die Welt

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Das Modem lässt sich nicht anschließen, der Netzstecker passt nicht in die Wand und im schlimmsten Fall legt eine fremde Spannung das Gerät lahm: Journalisten, die auf Reportagetour im Ausland gehen, kennen solche Probleme nicht nur zur Hauptreisezeit. Welches Equipment ist für welches Land das richtige? Der Texaner Steve Kropla, kein Journalist, sondern ein Weltreisender in Sachen Öl, hat auf seiner Website alle notwendigen Informationen gesammelt. Im World Electric Guide zeigt Kropla die weltweit verwendeten Steckertypen und erklärt Spannungs- und Frequenzunterschiede; im World Wide Phone Guide schreckt er auch nicht davor zurück, zum Knacken fest verdrahteter Hoteltelefone zu ermutigen. Während die Netzteile der aktuellen Notebooks in der Regel Spannungen zwischen 100 und 240 V sowie Frequenzen zwischen 50 und 50 Hertz variabel akzeptieren, so dass ein Konverter oder Transformator inzwischen das Reisegepäck nicht mehr zusätzlich belasten muss, gilt es vor allem, die Anschluss-Probleme zu umgehen. Dabei hilft die wichtigste Ressource von Kroplas Website: Tabellen mit Telefon- und Netzsteckern aus über 200 Ländern der Welt samt Abbildungen. Damit ist man vor fast jeder Überraschung gefeit. 21-JUL-2000




























Michael Maier wird Zeitungs-Chef
im Internet

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Als Aufstieg wird der Umstieg des gefallenen Engels des Magazin-Journalismus', Michael Maier, in der Medienszene wohl nicht gefeiert werden. Gleichwohl darf sich der norwegische Internet-Anbieter Spray.net mit der Verpflichtung des von der Berliner Zeitung als Shooting-Star auf den Schleudersitz des Stern-Chefs gewechselten und dort nach sechs Monaten gescheiterten Österreichers zu einem Coup beglückwünschen. Maier soll ab 1. Oktober als Chefredakteur der Netzeitung Profil geben, die von Spray als reine Internet-Tageszeitung angekündigt ist. Dem Vernehmen nach wird das Projekt bereits im August mit Beginn der Fußball-Bundesliga starten. Dabei handelt es sich ganz offensichtlich nicht um einen weiteren automatisierten Agenturticker-Ausfluss. So hat Spray.net in den Berliner Zentralredaktionsräumen, die statusgerecht in der neuen Mitte unweit der Friedrichstraße liegen, unter anderem drei Ex-Redakteure des Sport-Informations-Dienstes (sid) angeworben. Angeblich sollen in Berlin insgesamt 20 Redakteure arbeiten, weitere würden in Frankfurter sowie später auch Hamburger, Düsseldorfer und Münchner Außenstellen hinzukommen. Vorbild der Netzeitung ist die seit 1996 erscheinende und im vergangenen Jahr von Spray aufgekaufte norwegische Nettavisen. Ähnlichen Projekte sollen in weiteren europäischen Ländern folgen. 17-JUL-2000 (Korr. 18-JUL-2000)
17-MAI-2000 Michael Maier wird Chefredakteur der ersten deutschen Internet-Tageszeitung (ots)
14-JUL-2000 Fische im Internetz (Die Tageszeitung)